Augenschein - Konrad Winter

Herausgeber(in): Frank Molliné

Auszug aus Interview mit Konrad Winter und dem Leiter der Galerie von Braunbehrens Berthold Naumann:

Du hast eine eigenwillige Art von Malerei mit ungewöhnlichen Autolack-Farben entwickelt. Wie bist du dazu gekommen?

Das hat sich in zwei Schritten entwickelt. Der erste Schritt kam nach meiner Werkgruppe „Deutsche Aktien“, Portraits, die aus Pixeln gestempelt waren und die Motive in nur sechs bis sieben Hell-Dunkel Abstufungen aufgeteilt hatten: Ich ließ die Pixel Ende 2001 weg und ging zu einer Malerei über, die ein Motiv in eine Bildfläche zerlegt und auf diese Weise abstrahiert. Zuerst in Schwarz-Weiß und Acryl auf Holz-Paneele neben Versuchen mit Öl auf Leinwand. Dann habe ich Tourismus-Prospekten Motive entnommen und bin dann schnell dazu übergegangen, eigene Fototagebücher oder Reisefotografien umzusetzen. Im zweiten Schritt bin ich von Farben aus dem Künstlermaterial-Laden zu einem industriellen Produkt, zu Autolack auf Aluminium umgestiegen. Das hatte einerseits mit ästhetischen Gründen zu tun, andererseits war eine inhaltliche Komponente ausschlaggebend: Ein Auto assoziiere ich mit der Vorstellung von Reisen, der Vorstellung von Wegfahren-Können.

Du hast den Ausstellungstitel „Augenschein“ gewählt. Was drückt der Titel für dich aus? 

„Augenschein“ hängt mit „augenscheinlich“ zusammen: Man kann etwas erkennen oder nicht. Der Betrachter erfasst ein Motiv oder nicht. Er steht nahe vor dem Werk und sieht Farbflächen, oder er steht weiter weg und kann ein Motiv identifizieren. Wenn er das Motiv erkennt und sich von weiter weg dem Bild nähert, zerfällt die gegenständliche Komponente, er sieht dann nur noch Farben, ein abstraktes Bild. Jede Arbeit enthält also zwei Informationsebenen und ein Betrachter muss sich sozusagen seinen eigenen Standpunkt dazu erarbeiten, seine Position dazu finden. „Augenschein“ hängt auch mit „Schein“ im Sinne von Lichtphänomenen zusammen: Bei den...