aus "Buchhändler Heute", 1996
…natürlich ging es 1996 beim GATZANIS Verlag mal wieder um ein TABU! Wegen dem auch auf dem Rückweg von der Buchmesse in Frankfurt unserer Lizenzagentin Dr. Ivana Beil fragende und beschämende Blicke im Zugabteil zugeworfen wurden.
Vollbepackt mit vielen Neuerscheinungen verschiedener Verlage saß sie nach einem anstrengenden Messetag im Zugabteil und begann das erste von den vielen Büchern im Gepäck zu lesen. Schließlich ist es ihr Job den richtigen ausländischen Verlag für Bücher deutscher Verlage zu finden. So arbeitete Frau Beil auch für den GATZANIS Verlag und ließ uns noch auf der Buchmesse wissen, dass sie für unsere Sachbücher bestimmte ausländische Verlage im Visier hätte. Bevor es aber zu den ersten Verträgen kam, erzählte mir Frau Beil folgende Begebenheit:
„Endlich im richtigen Zugabteil angekommen, konnte ich es kaum erwarten, in Ihrem neuen Buch zu lesen. Nur kurz überschaute ich, wer da mit mir im Abteil saß. Es wurde wenig geredet und so begann ich mich in ihr Buch zu vertiefen. Was ich las, gefiel mir. Es ist ein tolles Buch, das mir richtige AHA-Erlebnisse beschert hat. Es erkundet ausführlich all die gesellschaftlichen und kulturellen Bilder, die uns daran hindern, lustvoller miteinander umzugehen. Sie hatten Recht, es ist tatsächlich ein Buch für Frauen UND Männer. Hin und wieder schaute ich aus dem Fenster. Dabei fiel mir auf, dass mich die drei Personen auf den gegenüberliegenden Sitzen merkwürdig anschauten. Als ich in ihre Augen sah, wandten sie sich von mir ab. Ich meinte, dass sie etwas an mir irritierte. Ich sah an mir herunter, konnte aber nichts Auffälliges erkennen. Ich las einfach weiter und der mitfahrende junge Mann links von mir las scheinbar mit, denn er sagte plötzlich schmunzelnd: „Das ist ja interessant, was sie da lesen!“. Ja, stimmte ich ihm zu. Ich hatte schon über die Hälfte „schnellgelesen“, als der Zug im Mannheimer Bahnhof hielt und eine Frau aus unserem Abteil aussteigen wollte. Sie kramte ihre sieben Sachen zusammen und hauchte dem Ausgang entgegengehend ein leises Tschüss vor sich hin. Plötzlich drehte sie sich abrupt um und wandte sich laut an mich: „Warum müssen Sie gerade dieses Buch in der Öffentlichkeit lesen? Wollen Sie andere damit provozieren?“ Und weg war sie, noch bevor ich antworten konnte. Mir war aber in diesem Moment gar nicht bewusst, dass sie und die anderen im Zugabteil das Buchcover vor Augen hatten. Darauf stand ja der Titel „Klitoral…vaginal… ganz egal!“. Ich musste lachen und die letzten Minuten bis Heidelberg begann eine interessante Unterhaltung unter den Zuggästen und ich dachte nur, Supertitel! Der sorgt für Diskussion!“
In der Tat, über Klitoral… vaginal… ganz egal“ habe ich mich seinerseits auch ganze zwei Stunden mit Lisa Fitz unterhalten, die zufällig an unserem Messestand vorbeikam. Sie fand es wichtig und gut, dass wir ein Buch zu diesem Thema herausbrachten. Also danke an alle, die uns dazu ermutigt und das Buch bis heute auch gekauft haben. Es wurde damals zwar selten im stationären Buchhandel verkauft, aber häufig über Versandbuchhandlungen. Und noch heute verkauft es sich über verschiedene Online-Shops. Und ja, Lizenzen gingen, dank Frau Dr. Beil, auch ins Ausland.
Infos zum Buch gibt es hier:
http://www.gatzanis.de/buecher/klitoralvaginalganz-egal.html
Lesen Sie nächsten Monat: „Bewegende Momente bei Sportevents der besonderen Art."
